Zum Fall Tebartz-van Elst
Nun hat der Papst also dem Bischof von Limburg eine mehrmonatige Auszeit auferlegt bzw. gegönnt – je nach Blickpunkt. Das dürfte für viele der aufgeregten Stimmen eine Enttäuschung sein, Denn damit wird klar: Wir Deutschen haben unsere Bedeutung innerhalb der weltweiten katholischen Kirche wieder mal überschätzt. Wir sind nun halt nicht mehr Papst.
Es war sowieso schon erstaunlich, dass der Papst für den Oberhirten eines – die Limburger mögen das nachsehen – hessischen Provinzbistums sich persönlich die Zeit genommen hat und die causa nicht seinem dafür zuständigen Kurienkardinal überlassen hat. Es war von Anfang an unrealistisch zu glauben, der Papst würde einem Medienhype nachgehen und einen Bischof opfern. Der Showdown in Rom, der da konstruiert wurde, hat wenig mit der katholischen Realität zu tun.
Papst Franziskus mag im Stil menschennah und „arm“ sein, und dies auch von seinen Amtsbrüdern einfordern. In Fragen des kirchlichen Dogmas und damit der quasi monarchischen Stellung eines Bischofs bleibt er beinhart. Man beachte nur das erneute Festzementieren der Behandlung Wiederverheirateter Geschiedener durch den obersten Glaubenswächter, Erzbischof Müller in diesen Tagen. Der offiziöse Artikel im Vatikanischen Hausblatt beweist es.
Für die Absetzung eines Bischofs gäbe es kirchenrechtlich tatsächlich neben dem Abfall vom Glauben nur zwei Gründe: sexuelle oder finanzielle Verfehlungen. Ob aus römischer Sicht der zweite Tatbestand erfüllt ist, erscheint zweifelhaft nach diesem Moratorium.
Bischof Tebartz ist sicher ein problematischer Mensch mit einem Autoritätsproblem. An der Misere um seinen überteuerten Amtssitz ist er aber sicherlich nicht alleine Schuld, es haben auch die Kontrollgremien und die Bausachverständigen der bischöflichen Behörde versagt. Die Gegner in seinem Bistum, die er sich durch sein ungeschicktes Verhalten seit Amtsantritt gemacht hat, haben den Vorfall ausgenutzt, um ihn loszuwerden. Sie wurden dabei von den Medien kräftig unterstützt.
Ein Gutes hat dieser Aufreger der vergangenen Wochen: Es wird geredet über das Verhältnis der Kirche zu ihren Finanzen. Die Forderung nach mehr Transparenz ist sicher berechtigt, aber gerade in diesem Fall nicht ganz zutreffend. Der Fonds, aus dem der Umbau bezahlt wird, ist sozusagen das Privatvermögen des bischöflichen Stuhls, es unterliegt daher dem im Grundgesetz garantierten Eigenrecht der Kirche. Das kann man gut oder schlecht finden, es ist schlichtweg so nach Jahrhunderten der Auseinandersetzung zwischen der Kirche und den Monarchen.
Allerdings unterliegen auch bischöfliche Stühle den üblichen Anforderungen öffentlicher und auch kirchlicher Verwaltung: sie hat sparsam und wirtschaftlich mit dem Geld umzugehen. Wirtschaftlich war der Neubau wahrscheinlich sogar, weil er dem Erhalt eines Denkmals mit – nach Meinung von Experten – guter zeitgenössischer Architektur dient. Ob er sparsam war, darüber streitet die deutsche Öffentlichkeit mit Hingabe. Ich denke, dass er zu luxuriös und protzig geraten ist. Doch es handelt sich, das sei noch einmal betont, um ein Sondervermögen, das genau für diesen Zweck gedacht ist.
Ich meine, da gibt es schlimmere Verquickungen: Im Gegensatz zu Hessen sieht etwa das bayerische Konkordat vor, dass der Amtssitz der Bischöfe als Kompensation für die durch die Säkularisation von 1803 eingezogenen Kirchengüter gänzlich vom Staat zur Verfügung gestellt wird. So residieren die bayerischen Bischöfe seither in Palästen, deren Unterhalt der Steuerzahler bestreiten muss – etwa das Palais Holnstein, das in den letzten Jahren vom bayerischen Steuerzahler prächtig renoviert wurde, und in dem der Münchner Kardinal Reinhard Marx residiert und wohnt – zweiteres im übrigen in nur drei Zimmern.
Auch die Frage der laufenden Finanzierung der Kirche durch die staatlich erhobene Kirchensteuer und die jährlichen Staatszuschüsse kommt jetzt wieder auf den Prüfstand. Es scheint, dass gerade die „sorgenfreie“ Versorgung der kirchlichen Bürokratie zugute kommt und die zu beobachtende Ermüdung der Kirche in unseren Breiten mit der sattmachenden Kirchensteuer zusammenhängt. Die Staatsnähe unserer beiden (!) großen Kirchen tut ihnen nicht gut – sie führt zu Lethargie. Könnten das nicht die beiden Päpste Benedikt und Franziskus meinen, wenn der eine die „Verweltlichung“ der Kirche kritisiert und der andere die „Option für die Armen“ betont?