Uli Hoeneß und die göttliche Barmherzigkeit

Es fehlt nur noch das Fegefeuer, dann wäre das zur Beschreibung der Schuld von Uli Hoeneß verwendete religiöse Vokabular annähernd komplett. Medien berichteten anlässlich seines Prozesses ausgiebig über den Steuersünder, seine Beichte, Reue und Buße.

Mancher Kommentator meinte, der Begriff des „Sünders“ sei im Grunde verniedlichend, denn Steuerhinterziehung sei eine Straftat und der Täter ein Krimineller. Das glaube ich nicht, denn von der religiös verstandenen Rangordnung her dürfte ein Verstoß gegen Gottes Gebot schwerer wiegen als einer „nur“ gegen staatliche Gesetze.

Ein Begriff fehlt allerdings in dieser Aufzählung noch, nämlich das wesentliche des christlichen Bußverständnisses, nämlich Vergebung und Verzeihung. Hier scheint mir Gott und in seinem Namen die so oft gescholtene christliche Kirche barmherziger zu sein als Staat und  Gesellschaft.

Nach kirchlicher Lehre gehören zum Bußsakrament, das übrigens ganz korrekt „Sakrament der Versöhnung“ heißt, folgende Elemente: Reue, Bekenntnis, Buße und Wille zur Wiedergutmachung. Dann kann und muss die Vergebung ausgesprochen werden. Versöhnung mit sich, dem Herrgott und den durch eine Straftat geschädigten Mitmenschen ist letztlich das Ziel christlicher Schuldaufarbeitung.

Stattdessen aber bleibt der Sünder Hoeneß am Pranger – zwar kein unmittelbar religiöser aber im Mittelalter häufig auch religiös missbrauchter Ort. Der Gipfel öffentlicher Zurschaustellung wurde nämlich erreicht, als die JVA Landsberg für über einhundert interessierte Journalisten ein Muster der zukünftigen Zelle von Uli Hoeneß zur Besichtigung frei gab. Man kann Horst Seehofer vieles nachsagen, aber in diesem Fall hat er einen einigermaßen sicheren Riecher für Anstand und Moral bewiesen, als er Justizminister Bausbach dafür rüffelte.

Mit seinem Beschluss, gegen das ergangene Urteil nicht in Revision zu gehen, sondern die Strafe anzunehmen, hat sich Hoeneß Respekt verdient. Er hat seinen Fehler nicht schön geredet, wie es so viele andere, vor allem Politiker gerne tun, sondern ihn unumwunden zugegeben, obwohl er die Aufdeckung durch die hektisch zusammengeschusterte Selbstanzeige selbst forciert hatte. Ich nehme ihm seine Reue ab. So lassen wir ihn doch um Gottes willen jetzt in Ruhe und fern der öffentlichen Erregung seine Buße ableisten. Hoffentlich wird ihm dann auch nicht nur von Gott sondern auch von Seiten der Gesellschaft und ihrer Medien Vergebung und Versöhnung zuteil.

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