Seid nicht zu argwöhnisch!

Allenthalben wird heute Transparenz gefordert. Nichts darf im Verborgenen geschehen. Vereinbarungen – vor allem im ökonomischen und politischen Komplex – gelten sonst schnell als Mauscheleien. Wenn hintenrum dabei noch jemand schlecht gemacht wird, ist es gar eine Schmutzelei. Wir möchten wissen, was man über uns weiß. In der virtuellen Cyberwelt mit den ins ungeheuerliche angewachsenen Daten-Autobahnen wird dies aber zur schieren Unmöglichkeit. Die geforderte Transparenz beißt sich so gleichsam in den Schwanz: wir möchten alles wissen, aber über uns soll man eben nicht alles wissen, sondern nur das, was wir zulassen.

Es gab schon immer den Typ Kontrollfreak, vulgo Johnny Controletti. Er will alles wissen, was in seinem Umfeld, seiner Familie, seinem Unternehmen vorgeht. Keine Entscheidung darf ohne seine Zustimmung fallen.

Benedikt von Nursia empfiehlt in seiner Klosterregel dem Abt: Er sei nicht allzu argwöhnisch, sonst kommt er nie zur Ruhe. Umgekehrt soll er die verborgenen Fehler seiner ihm Anvertrauten, die ihm bekanntwerden, weder aufdecken noch sie in der Öffentlichkeit breittreten. Nicht alles muss allen mitgeteilt werden, besonders wenn es die Privatsphäre des Einzelnen betrifft. Benedikt benennt eine der Haupteigenschaften seines Abtes: die discretio, übersetzt: die maßvolle Unterscheidung. Er muß im Umgang mit den Menschen das dem einzelnen entsprechende Maß finden. Das hat durchaus mit unserem deutschen Fremdwort Diskretion zu tun. Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl. Nicht alles wissen wollen und nicht alles weitertratschen. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Durchaus auch ein Wert, den achtsam wahrzunehmen gut täte in diesen aufgeregten Zeiten der Datenflut und Datenspionage.

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