Mutig bleiben trotz pastoraler Umkehr aus Rom – Kirche II – SZ, 13.August 2020

Veröffentlichung meines Leserbriefes
in der Süddeutschen Zeitung vom 13. August 2020

Am Freitag den 14. Juli erschien in der in der Süddeutschen Zeitung mein Leserbrief, den ich verfasst habe zu dem folgenden Artikel:

Von Annette Zoch und Matthias Drobinski

 

Zur Vatikan Instruktion „Die pastorale Umkehr“

Hieß es früher „Roma locuta, causa finita – Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt“ , so hat sich dieser jahrhundertealte Mechanismus inzwischen sehr gewandelt. Sogar bei den ansonsten offiziell beifällig nickenden Bischöfen. Im vorliegenden Fall, wo es um die seit Jahren eingeführte Laienbeteiligung bei der Leitung von Pfarreien geht, fürchten die Oberhirten um ihre Glaubwürdigkeit angesichts der schwindenden Bindung an die Kirche und ihre Gemeinden.

Als kirchenhistorisch interessierter Mensch kann ich dem Papier aus Rom mit seinem Festhalten an priesterlicher Leitung aber etwas Positives abgewinnen: Es zwingt geradezu, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Zukunft des Priestertums aussehen soll.
Das deutsche Wort Priester kommt bekanntlich aus dem Griechischen. Der Presbyter war in der Antike ein „Ältester“, ein erfahrener Ratgeber, ja sogar ein Ratsherr der städtischen Verwaltung. Als sich die christlichen Gemeinden mit dem Ausbleiben der Wiederkunft Christi auf Dauer organisieren mussten, übernahmen sie diese weltlichen Strukturen und ihre Bezeichnungen. Dies gilt auch für den episkopos („Bischof“), der mit einem modernen Revisor vergleichbar ist. Ein Presbyter war zuallererst Gemeindevorsteher, der nicht unbedingt gleichzeitig den Gottesdienst leiten musste. Dies kam ihm erst im Lauf der ersten zwei Jahrhunderte zu. Die Amtsübernahme erfolgte, wie schon der Apostel Paulus schreibt, durch Handauflegung und Gebet.

In der langen Geschichte der Kirche wurde aus dem „Gemeindemanager“ Presbyter der engelgleich überhöhte „Zauberer“ Priester, der durch die leise gehauchten Wandlungsworte die Gottheit auf den Altar in die Form des Brotes zwingen konnte. Unser „Hokuspokus“ (Verballhornung des „hoc est corpus“ -das ist mein Leib) weist auf dieses magische Verständnis hin. Die „Weihe“ war also ursprünglich nichts anderes als die Beauftragung zu einem Dienst an der Gemeinde.

Das könnte sie auch heute wieder sein. Wir müssen nur die Zugangsbedingungen zu diesem elitär gewordenen „Weiheamt“ verändern. Das beginnt mit der akademischen Ausbildung, dem sogenannten tridentinischen Priesterseminar, der Zölibatsverpflichtung und der Beschränkung auf das männliche Geschlecht. Wenn man darauf verzichtet, können Laien (und verheiratete Diakone), die bisher die Gemeinden leiten, auf Dauer oder auf Zeit „geweiht“ werden. Das wären dann die immer wieder, zuletzt auf der Würzburger Synode 1972 geforderten „viri probati (bewährten Männer)“, die man heute natürlich um die „feminae probatae (bewährte Frauen)“ erweitern müsste.

Statt über römische Instruktionen zu lamentieren, wäre es vernünftiger das Priestertum neu zu denken. Damit könnte man sich endlich dieser leidigen Auseinandersetzungen um Laien in den höheren Ämtern der Kirche entledigen.

 

Hier finden Sie den Link zur Online Ausgabe der Süddeutschen Zeitung mit Auszügen aus meinem Leserbrief vom 14. August 2020
SZ.de – Forum & Leserbriefe vom 13.08.2020 – 18:45 Uhr Kirche II

Leserbrief Anselm Bilgri in der Süddeutschen Zeitung

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