Du oder Sie? Interview über Umgangsformen im Unternehmen

Dietmar Schweitzer von Züblin.

09.03.2017 – Die Kultur des Duzens erreicht langsam auch deutsche Unternehmen. Doch drückt das „Du“ unter Kollegen Freundschaft und Teamgeist aus oder besteht die Gefahr der Klüngelbildung und Ungleichheit? Darüber spricht Herr Schweitzer, Personaler vom Bauunternehmen Züblin, im Interview. Seit fast 30 Jahren ist der Diplom-Ökonom in verschiedenen Bereichen des  Personalwesens tätig.

Herr Schweitzer, wie viele Ihrer Kollegen duzen Sie?

In meiner Generation und in Deutschland ist das Duzen nicht üblich. Mit ganz wenigen Kollegen bin ich per Du, wenn es mir nach vielen Jahren angeboten wurde oder privater Kontakt besteht. Insgesamt bin ich aber ein Mensch, der auf der Arbeit etwas Distanz schätzt.

Wie verbreitet ist denn das Duzen in deutschen Unternehmen?

Das kommt ganz auf die Generation an. Ganz allgemein ist das Sie in Deutschland noch weitverbreitet, vor allem unter Menschen meiner Generation. In den USA und Skandinavien ist das Du unter Kollegen ganz normal, das hängt bestimmt mit der jeweiligen Kultur zusammen.
Auch bei uns gibt es natürlich Ausnahmen: In kleinen, familiären Unternehmen, bei sehr jungen Firmen oder innerhalb von Gruppen von Kollegen. Das würde ich auch nicht negativ bewerten.

Welche Auswirkungen kann die Umgangsform auf ein Unternehmen haben, positiv oder negativ?

Ich kann mir beides vorstellen: Bei einer Besprechung oder in einer größeren Runde, in der einige Teilnehmer sich duzen, andere nicht, entsteht ganz schnell ein merkwürdiges Verhältnis. Es ist sofort eine Grenze sichtbar. Auch wenn innerhalb eines Teams geduzt wird, kann das für Außenstehende problematisch oder unangenehm sein.
Andererseits: Wenn sich eine Gruppe zusammen entwickelt hat, gemeinsam aufgestiegen ist oder auch privat verbunden ist, wird häufig geduzt. Das kann innerhalb des Teams zu Motivation und besserer Arbeitsleistung führen. Auch in einem Projektteam, dass ein bis zwei Jahre zusammenarbeitet, oft im Ausland und etwas losgelöst von anderen Kollegen, kann das Duzen und die damit verbundene Nähe positive Effekte haben.

Ist das Zusammentreffen von älteren und jüngeren Kollegen, vielleicht mit unterschiedlichen Vorstellungen, besonders problematisch?

Eigentlich nicht, denn meistens bleibt es einfach beim Sie. Meine Generation ist das so gewohnt. Klar gab es das Duzen auch früher schon, aber im Arbeitsumfeld ist das Sie nach wie vor maßgeblich. Jüngere Kollegen passen sich dann an die vorherrschende Umgangsform an.

Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur für diese Umgangsformen?

Wichtiger als die Unternehmenskultur sind in meinen Augen die Generation, das Alter und die Ansichten der einzelnen Personen. Kunden gegenüber sollte es immer beim Sie bleiben, ansonsten ist die konkrete Form nicht so wichtig. Die Hauptsache, auch für die Reputation des Unternehmens, sind Respekt und professionelle Distanz. Ein Sie ist nicht immer ein Vorteil und wegen eines Du muss man nicht persönlicher sein.

Was würden Sie abschließend einem Unternehmen in Bezug auf die Umgangsform empfehlen?

Wenn ein Unternehmen sich vornimmt, eine Empfehlung für die Umgangsformen auszusprechen, sollte überlegt werden: Hat das wirklich einen Vorteil?
Vorgaben von oben empfinde ich nicht als zielführend. Wie mit dem Gegenüber gesprochen wird, muss jeder für sich entscheiden. Man muss bestimmte Grenzen gegenüber Kunden oder bei der Hierarchie sehen. Eine Verallgemeinerung wäre kompliziert und unter Umständen problematisch, eine persönliche Entscheidung ist da am besten. Für mich ist bei der Arbeit das Sie aber am angenehmsten.

Interview: Franziska Forster

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